Wie man ein Concept Musikvideo schreibt

22.5.2017 by Sam Meyers

Wir können uns wahrscheinlich alle an die Ära nach der Jahrtausendwende erinnern, als fantastische Pop-Punk Musik herrschte und die moderne Indie Bewegung geboren wurde. In dieser Zeit wurden wir mit einigen tollen Bands gesegnet, von denen einige wieder von der Musikoberfläche verschwunden sind während andere bis heute existieren und gedeihen. Im August 2005 wurde uns ein Musikvideo von der amerikanischen Band ‚OK Go‘ geschenkt, dass der Beginn von etwas Wundervollem wurde.

Es war ein Video für den Song ‘A Million Ways’. Darin tanzen die 4 Bandmitglieder in perfekter Synchronität ohne einen Schimmer Ironie. Es war einfach, komisch und perfekt synchron! Die gesamte Produktion hat angeblich nur 25$ gekostet. Es gab eine Choreographie, es war unterhaltsam und wurde sofort ein Kultklassiker. Die Band konnte sich als Dauergast in den MTV Charts etablieren.

Ein echtes Feuerwerk brach aber erst mit dem Video zu “Here It Goes Again” aus. Dank der erinnerungswürdigen ‘Laufband Choreographie’ ging das Video viral (37 Mio Youtube Klicks) und originelle Konzept Videos wurden zu OK Gos Markenzeichen.

 

Die Band macht guten Pop/Rock, es ist jedoch wichtig anzumerken, dass keiner ihrer Songs besonders technisch raffiniert ist – man sucht vergeblich nach Gitarrensolos zum niederknien oder Gesang, der die besten Sänger der Musikgeschichte beschämen könnte. Der Berühmtheitsgrad und Erfolg der Band zeigt jedoch ganz deutlich, dass die Jungs über eine Erfolgsformel gestolpert sind. Nach langer Grübelei und stundenlanger Videoanalyse wurden die einzelnen Aspekte dieser Erfolgsformel etwas klarer:

Erstens sind die Videos episch. Ich meine das im wahrsten Sinne des Wortes. Sie haben das Gefühl, wenn man das beobachtet, dass in jedem Video die Band- und Produktionsteam mit einem Endpunkt begann, der völlig kühn war und auf skandalös genial und monumental kante. Dann haben sie die kompliziertere Aufgabe, das Video zu dekonstruieren und den Endpunkt in so viele komplizierte Wege wie möglich zu teilen.

Ich finde, dass OK Go an ihre Musikvideoproduktion ähnlich wie ein Filmproduzent herangehen. Ziel ist die Schaffung eines Videos filmischen Ausmaßes, in dem die Musik nur Begleitung zum Geschehen auf dem Bildschirm ist und wo die Handlung den Zuschauer anlocken soll. Jedes ihrer Videos kann man sich aus folgenden Gründen mit Vergnügen wieder und wieder ansehen:

Zunächst einmal erreichen die Videos episches Ausmaß, im wahrsten Sinne des Wortes. An ein monumentales Ende führen so viele komplizierte Handlungsstränge wie nur möglich. Vom Wunsch gelenkt, dieses komplizierte Netz zu entschlüsseln, wird der Zuschauer so an das 4 minütige Video gefesselt.

Weiterhin sind die Videos, neben ihrem epischen Ausmaß, in ihrer Detailliebe sehr komplex gestaltet. Es ist offensichtlich, dass in jedes Video Wochen wenn nicht gar Monate an Arbeit gesteckt wurden. So setzen tropfende Wassertropfen eine komplexe Kettenreaktion in Gang. Oder ein Auto fährt eine bestimmte Strecke in der Wüste entlang an deren Seite verschiedene Musikinstrumente montiert sind und erzeugt so die Melodie für den Song.

Und schließlich drittens – die Tüchtigkeit der Band. Die Jungs haben keine Angst vor komplizierten Choreographien, bei denen ein noch so kleiner Fehler zum von vorne Anfangen zwingt. Sie sind Naturtalente und verwandlen jede neue Video Premiere in eine große Show.

Ich kann natürlich nicht behaupten, dass dies eine vollständige Zutatenliste ist. Diese drei Aspekte sind jedoch in allen Videos der Band zu finden und das Ergebnis ist immer überwältigend.

Wie können wir die Formel nun für uns nutzen? Am wichtigsten ist natürlich das Konzept. Das Konzept ist die Seele des Videos und macht den Unterschied zwischen ‘bloßer Deko zum Song’ und einem echten Meisterstück aus. Ziel ist es den Zuschauer, wie bei einem Film, bis zum Schluss zu fesseln. Die steht im Gegensatz zu den meisten Musikvideos, die eine mehr oder weniger gelungene Verpackung zum Song darstellen, oft jedoch mit mangelhaften Handlungssträngen. Statt dessen wird auf nackte Haut oder Schockmomente gesetzt um so von der Oberflächlichkeit der Videos abzulenken. Es ist schade, dass nicht mehr Künstler Musikvideos wie OK Go produzieren.

Ok Go sind nicht die einzige Band, die eine originelle Idee in einem Konzept Video umgesetzt haben. Das Video der Band Mutemath stellt ein weiteres großartiges Beispiel dar. Die Band entschied sich dafür, ihr Video für den Song ‘Typical’ rückwärts aufzunehmen. Sie mussten deshalb lernen, ihre Parts rückwärts zu spielen, inklusive Schlagzeug. Auch der Sänger musste den gesamten Song phonetisch rückwärts singen lernen damit das Bild mit dem Sound übereinstimmte. Das Resultat ist beeindruckend und Beweis dafür, wie Künstler für ihre Kunst leiden müssen! Seht es euch an:

Fallen euch andere Beispiele für tolle Videos ein, die auf einem außergewöhnlichem Konzept basieren? Schreibt uns einen Kommentar und shared den Artikel, wenn er euch gefallen hat.